Pushpak Mahabharata Buch 12Zurück WeiterNews

Kapitel 68 - Die Geschichte von König Vasumanas

Yudhishthira fragte:
Warum, oh Stier der Bharatas, sagen die Brahmanen, daß der König als menschlicher Herrscher wie ein Gott ist?

Und Bhishma sprach:
Diesbezüglich, oh Bharata, ist ein Gespräch zwischen Vrihaspati und Vasumanas aus alten Zeiten überliefert. Es gab einst einen König in Kosala, der mit großer Intelligenz gesegnet war und Vasumanas genannt wurde. Als sich die Gelegenheit bot, da befragte er den großen Heiligen Vrihaspati, der voller Weisheit ist. König Vasumanas war stets der Wohltätigkeit für alle gewidmet und wußte um die Wichtigkeit der Demut. Und so umrundete er den großen Weisen demütig und verbeugte sich gebührend vor ihm. Dann befragte er den tugendhaften Vrihaspati über die Gebote bezüglich eines Königreichs mit dem Wunsch, das Glück der Menschen zu sichern.

Vasumanas fragte:
Wodurch gedeihen die Wesen und wodurch werden sie zerstört? Oh Weiser, wen oder was verehrend, können sie ewiges Glück erreichen?

So befragt vom König der Kosalas mit der unermeßlichen Energie, belehrte ihn der weise Vrihaspati gelassen über den Respekt, der Königen dargebracht werden sollte.

Und Vrihaspati sprach:
Man kann sehen, oh Kluger, daß die Aufgaben aller Menschen im König gegründet sind. Nur aus Furcht vor dem König verschlingen sich die Menschen nicht gegenseitig. Es ist der König, der auf Erden den Frieden durch die Erfüllung seiner Aufgaben sichert, indem er jegliche Übertretung der vernünftigen Selbstbeherrschung und alle Arten der Begierden bekämpft. Ist er damit erfolgreich, erstrahlt er im Ruhm. Oh König, wie sich alle Menschen nicht mehr erkennen können und in völlige Dunkelheit versinken, wenn sich Sonne und Mond nicht erheben, wie Fische in seichtem Wasser und Vögel an einem sicheren Ort nach Belieben umherstreifen, aber sich wiederholt selbst angreifen und überwältigen und damit zugrunde gehen, so versinkt auch ein Volk in völlige Dunkelheit und geht zugrunde, wenn es keinen König hat, der es beschützt wie ein Hirte seine Herden. Wenn der König seine Aufgaben des Schutzes nicht erfüllen würde, dann würden die Starken die Reichtümer der Schwächeren mit Gewalt ergreifen und sogar ihr Leben bedrohen. Niemand könnte mehr in Frieden leben und am Eigentum Freude finden. Ehefrauen, Söhne, Nahrung und andere Besitztümer wären ständig bedroht. Chaos würde überall herrschen, wenn der König seine Aufgabe nicht erfüllt. Übelgesinnte Menschen würden Wagen, Roben, Ornamente, Edelsteine und andere Reichtümer gewaltsam rauben, wenn der König sie nicht beschützen würde. Ohne den Schutz des Königs würden die verschiedensten Waffen auf die Rechtschaffenen niedergehen, und Unrecht würde zur Gewohnheit. Ohne königlichen Schutz würden die Menschen ihre altgewordenen Mütter und Väter mißachten oder sogar verletzen, sowie ihre Lehrer, Gäste und Ältesten. Wenn der König nicht herrscht, würden alle, die irgendetwas Begehrenswertes besitzen, auf Tod, Raub und Verfolgung stoßen, und die nützliche Idee vom Eigentum würde verschwinden. Wenn der König nicht beschützt, würde alles vorzeitig vergehen, das ganze Land wäre von Räubern überflutet, und jeder würde in eine schreckliche Hölle fallen. Wenn der König nicht herrscht, würden alle Grenzen der Ehe und des zwischenmenschlichen Umgangs vergehen. Landwirtschaft und Handel würden im Chaos versinken. Die Moral würde verfallen und schließlich ganz verloren gehen. Die drei Veden würden verschwinden und die vedischen Opfer nicht mehr durchgeführt. Keine Ehe würde mehr geschlossen und die ganze Gesellschaftsordnung zerbrechen, wenn der König die Aufgabe des Schutzes nicht erfüllt. Die Stiere würden die Kühe nicht decken, die Milchbehälter würden nicht gebuttert, und die Menschen, die von der Viehzucht leben, würden aussterben, wenn der König nicht herrscht. Ohne königlichen Schutz würden bald alle untergehen, von Angst verwirrt, ohne Sinn und Gefühl und schreiend in ihrer Qual. Es gäbe keine Opfer mehr, die sich über das Jahr verteilen und mit Gaben gemäß der Ordnung vollendet werden, wenn der König die Aufgabe des Schutzes nicht erfüllte. Ohne königlichen Schutz würden die Brahmanen nicht die vier Veden studieren, in Entsagung leben und durch Erkenntnis und beständige Gelübde gereinigt werden. Ohne königlichen Schutz würde selbst der Brahmanenmörder keine Strafe erhalten, sondern unbehelligt umherlaufen. Ohne königlichen Schutz würden die Menschen sich den Reichtum gegenseitig aus den Händen reißen, alle vernünftigen Schranken würden fallen, und die Menschen würden voller Angst die Flucht suchen. Ohne königlichen Schutz würden alle Arten der Ungerechtigkeit wachsen, die Kasten würden sich vermischen, und Hungersnot würde das Königreich verwüsten. Denn aufgrund des königlichen Schutzes können die Menschen überall furchtlos schlafen, ohne ihre Häuser und Türen mit Bolzen und Balken zu verrammeln. Keiner muß die Beleidigungen von anderen ertragen, noch viel weniger tätliche Angriffe, wenn der König die Erde gerecht beschützt. Wenn der König herrscht, können die mit Ornamenten geschmückten Frauen überall furchtlos wandern, ohne daß sie von männlichen Verwandten beschützt werden müßten. Die Menschen würden sich rechtschaffen und friedlich gegenseitig unterstützen. Durch den königlichen Schutz können die Mitglieder der drei Kasten ihre hohen Opfer durchführen und sich mit Achtsamkeit dem Lernen widmen. Die Menschenwelt hängt von der Landwirtschaft und dem Handel ab und wird durch die Veden bewahrt. Alle diese werden wiederum vom König beschützt, der seine Aufgaben erfüllt. Weil der König diese schwere Last auf sich nimmt und seine Untertanen mit Hilfe seiner Macht beschützt, kann das Volk glücklich leben. Wer würde ihn nicht verehren, durch dessen Dasein die Leute bestehen können und mit dessen Untergang die Leute untergehen würden? Wer vollbringt, was dem König angenehm und nützlich ist, und wer diese Last der königlichen Aufgaben mit tragen hilft, wodurch er jede Kaste mit Ehrfurcht erfüllt, gewinnt sowohl diese als auch die kommende Welt. Der Mensch, der nur daran denkt, den König zu verletzen, trifft zweifellos schon hier auf Qualen und geht den Weg zur Hölle. Keiner sollte den König mißachten, indem er ihn für einen gewöhnlichen Menschen hält, weil er in Wirklichkeit eine hohe Gottheit in menschlicher Gestalt ist.

Der König nimmt fünf verschiedene Formen gemäß den fünf verschiedenen Gelegenheiten an. So wird er Agni, Aditya, Mrityu, Kuvera oder Yama. Wenn der König, durch Lüge hintergangen wird und mit seiner wilden Energie die sündigen Übeltäter verbrennt, so sagt man, daß er die Form von Agni (dem Feuergott) annimmt. Wenn er durch seine Spione die Taten der Untertanen beobachtet und vollbringt, was zum allgemeinen Nutzen ist, nimmt er die Form von Aditya (dem Sonnengott) an. Wenn er im gerechten Zorn hunderte Übelgesinnte mit ihren Familien zerstört, dann trägt er die Form des Zerstörers (des Totengottes Mrityu). Wenn er die Übeltäter zügelt, indem er sie streng genug bestraft, und die Rechtschaffene fördert, indem er sie genügend belohnt, dann nimmt er die Form von Yama (dem Gott der Gerechtigkeit) an. Wenn er mit reichen Geschenken jene auszeichnet, die ihm wertvolle Dienste erwiesen haben, und denen ihren Reichtum entreißt, die ihn verletzen, wenn er den einen Wohlstand gibt und anderen nimmt, dann, oh König, sagt man, daß er die Form von Kuvera (dem Gott des Reichtums) auf Erden annimmt. Kein kluger Mensch, der tatkräftig und wohlgesinnt den Erwerb von Tugend wünscht, sollte jemals üble Gerüchte über den König verbreiten. Kein Mensch kann jemals glücklich werden, indem er gegen den König handelt, selbst wenn er zufällig der Sohn des Königs, sein Bruder, Begleiter oder Freund ist. Mag auch das Feuer, das vom Wind angefacht wird, noch einen Rest übriglassen, aber der Zorn eines Königs, läßt nichts von der Person zurück, die ihn verletzt. Was auch immer dem König gehört, sollte mit Respekt gemieden werden. Man sollte den königlichen Besitz fürchten, wie den Tod selbst. Wer nach dem Besitz des Königs greift, wird untergehen wie ein Hirsch, der Gift berührt hat. Der kluge Mensch sollte den königlichen Besitz wie seinen eigenen beschützen. Wer nach dem Besitz des Königs greift, der versinkt voller Dummheit in eine tiefe Hölle der ewigen Dunkelheit und Schande.

Wer würde nicht den König verehren, der mit solchen Titeln angesprochen wird, wie die Freude des Volkes, der Quell des Glücks, Bewahrer des Wohlstandes, der Erste von Allen, der Heiler von Verletzungen, der Herr der Erde oder der Beschützer der Menschen? Wer deshalb seinen Wohlstand wünscht, wer eine gesunde Selbstbeherrschung beachtet, seine Seele unter Kontrolle hält, seine Leidenschaften zügelt, wer mit Intelligenz und Erinnerung gesegnet ist, und wer (in den weltlichen Geschäften) klug handelt, der sollte stets dem König verbunden sein. Der König sollte den Minister gebührend ehren, der dankbar, voller Weisheit, großherzig, loyal, selbstbeherrscht, tugendhaft und achtsam in den Dingen der Politik ist. Der König sollte alle Menschen unterstützen, die treu, dankbar, diszipliniert, tugendhaft, tapfer, wohltätig und eigenständig im Handeln sind. Klugheit macht die Menschen stolz, der König macht sie bescheiden. Wer vom König verfolgt wird, kann niemals glücklich sein. Wer aber die Gunst des Königs erreicht, der wird glücklich. Der König ist das Herz seines Volkes. Er ist ihre große Zuflucht, er ist ihr Ruhm und ihr höchstes Glück. Jene Menschen, oh Monarch, die dem König verbunden sind, werden erfolgreich diese und die kommende Welt meistern. Und nachdem der König diese Erde mit Hilfe der Qualitäten von Selbstdisziplin, Wahrheit und Freundschaft regiert, und die Götter durch große Opfer verehrt hat, erhält er großen Ruhm und eine ewige Wohnstatt im Himmel.

Und Bhishma fuhr fort:
Nachdem dieser Beste der Monarchen, der heroische Vasumanas, der Herrscher von Kosala, auf diese Weise durch Vrihaspati, dem Sohn von Angiras, belehrt wurde, begann er, seine Untertanen gerecht zu beschützen.


Zurück Inhaltsverzeichnis Weiter