Pushpak Mahabharata Buch 12Zurück WeiterNews

Kapitel 10 - Bhima über die Pflichten im Leben

Darauf sprach Bhima:
Dein Verständnis, oh König, ist hoffentlich nicht blind für die Wahrheit geworden, wie das eines dummen und unwissenden Rezitators der Veden, aufgrund der endlosen Wiederholungen jener Schriften. Wenn du die Aufgaben der Könige tadelst und ein Leben der Untätigkeit führen willst, dann, oh Stier der Bharatas, war dieser Untergang der Dhritarashtras vollkommen unangebracht. Sind Vergebung, Mitgefühl, Entsagung und Friedfertigkeit nicht auch in jemandem zu finden, der den Pfad der Kshatriya Pflichten geht? Wenn wir gewußt hätten, daß diese Weltentsagung deine Absicht war, hätten wir nie die Waffen erhoben, um irgendein Wesen zu töten. Dann hätten wir das Leben als Bettler bis zur Auflösung des Körpers gelebt. Und dieser schreckliche Kampf zwischen den Herrschern der Erde wäre niemals geschehen.

Die Gelehrten haben gesagt, daß alles, was wir sehen, die Nahrung für die Kraftvollen ist. Wahrlich, diese belebte und unbelebte Welt ist für uns, die wir kraftvoll sind, das Reich der Taten. Und die Weisen, die mit den Kshatriya Aufgaben vertraut sind, haben auch erklärt, daß jene (Kräfte), die der Herrschaft über die Erde im Wege stehen, besiegt werden sollten. Aus dieser Schuldigkeit haben wir all jene geschlagen, die als Feinde gegen unser Königreich standen. Sie sind besiegt, oh Yudhishthira. Regiere nun gerecht diese Erde! Dieses Königreich jetzt aufzugeben, wäre wie jemand, der einen Brunnen gräbt und kurz vor dem Erreichen des Wassers, mit feuchtem Schlamm beschmiert, heraufkommt und aufgibt. Oder wie jemand einen hohen Baum besteigt, um Honig zu sammeln, aber dann den Hönig verschmäht und herabspringt. Oder wie jemand hoffnungsvoll einen langen Weg geht, aber kurz vor dem Ziel verzweifelt umkehrt. Oder wie jemand, der alle seine Feinde getötet hat, oh Nachkomme des Kuru, sich aber schließlich selbst tötet. Oder wie ein vom Hunger Gequälter das Essen verweigert. Oder wie jemand, der aus Leidenschaft eine Frau heiratet, aber dann nicht mit ihr zusammenleben will.

Wir wären tadelnswert, oh Bharata, wenn wir dir als ältestem Bruder folgen, der jetzt solche Schwäche zeigt. Wir haben mächtige Waffen, umfangreiches Wissen und große Energie. Und sollen jetzt den Worten eines Eunuchen wie völlig Hilflose gehorsam sein? Wir selbst sollten die Zuflucht aller Hilflosen sein! Wenn uns die Leute jetzt betrachten, warum sollten sie nicht behaupten, daß wir bezüglich unserer Ziele völlig kraftlos sind? Bedenke meine Worte gut! Es steht geschrieben, daß ein Leben der Weltentsagung von Königen nur in Zeiten der Not angenommen werden sollte, im hohen Alter oder wenn man von Feinden besiegt wurde. Weise Menschen loben deshalb nie die Weltentsagung als Aufgabe eines Kshatriya. Und jene, die eine klare Sicht haben, wissen auch, daß solch ein Lebensweg für einen Kshatriya sogar mit dem Verlust der Tugend verbunden ist. Wie könnten jene, die in einer Kaste geboren wurden, den Methoden dieser Kaste gewidmet sind und darin Zuflucht genommen haben, ihre eigenen Aufgaben tadeln? Wahrlich, wenn diese Aufgaben tadelnswert sein sollen, warum tadeln wir nicht gleich den Höchsten Lenker? Nur jene, die des Wohlstands und Reichtums beraubt wurden und keinen Glauben haben, proklamieren diese Moralität (über die Weltentsagung für Kshatriyas) als Wahrheit der Veden. Doch in Wirklichkeit ist es für einen Kshatriya unangebracht. Wer fähig ist, durch seine Kraft das Leben zu schützen und sich durch eigene Anstrengungen erhalten kann, aber nicht leben will, der fällt durch die heuchlerischen Oberflächlichkeiten dieser Weltflucht von seiner eigentlichen Aufgabe ab. Nur jener Kshatriya ist wirklich fähig, ein einsames Leben der Seligkeit in den Wäldern zu führen, der außerstande ist, Söhne, Enkel, Götter, Rishis, Gäste und Ahnen zu versorgen. Wie Hirsch, Eber und Vogel (obwohl sie ein Waldleben führen) nicht den Himmel erreichen können, so können jene Kshatriyas, die noch die (schöpferische) Kraft in sich haben, ebenfalls nicht zum Himmel gelangen, indem sie nur ein Waldleben führen. Sie sollten religiöses Verdienst auf anderen Wegen erwerben.

Wenn, oh König, irgend jemand das Vollkommene durch Verzicht erreichen könnte, dann würden es Berge und Bäume sicher gewinnen! Denn wie man sieht, führen sie ständig ein asketisches Leben. Sie verletzen niemanden, sind stets fern von der Weltlichkeit und leben als Brahmacharins. Wenn es wahr ist, daß die Vollkommenheit einer Person von ihrem Weg im Leben abhängt und nicht von äußerlichen Dingen, dann solltest du dich (als Kshatriya) betätigen. Denn wer auf Handlungen verzichtet, kann nie Vollkommenheit finden. Wenn jene, die nur ihre eigenen Mägen füllen (und nicht zum Wohle aller handeln), das Vollkommene erreichen könnten, dann würden es auch alle Fische gewinnen, weil diese niemanden ernähren müssen, außer sich selbst. Erkenne doch, wie sich diese ganze Welt bewegt, indem jedes Wesen entsprechend seiner Natur handelt. Deshalb sollte man sich betätigen. Denn der Mensch, der auf Handlungen verzichtet, kann nie vollkommen sein.


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