Pushpak Mahabharata Buch 12Zurück WeiterNews

Rajadharmanusasana Parva - Die Gesetze der Könige

Kapitel 1 - Die Fragen von Yudhishthira an Narada

OM! Sich vor Nara und Narayana verbeugend, diesen Höchsten der männlichen Wesen, und auch vor Sarasvati, der Göttin des Lernens, möge das Wort Jaya (Sieg) erklingen.

Vaisampayana sprach:
Nachdem sie die Opfergaben des Wassers für all ihre Freunde und Angehörigen dargebracht hatten, blieben die Söhne des Pandu mit Vidura, Dhritarashtra und allen Damen der Bharatas noch eine Weile hier (an den Ufern des heiligen Stromes). Die hochbeseelten Pandavas wünschten die Zeit der Trauer (bzw. der Unreinheit) für einen Monat außerhalb der Kuru Stadt zu verbringen. Und als der gerechte König Yudhishthira die Wasserriten vollendet hatte, kamen viele hochbeseelte und mit asketischem Erfolg gekrönte Heilige, sowie viele zweifachgeborene Rishis, um den Monarch zu sehen. Unter ihnen waren der Inselgeborene (Vyasa), Narada, der große Rishi Devala, Devasthana und Kanwa. Sie wurden alle durch die Besten ihrer Schüler begleitet. Und viele weitere Mitglieder der Brahmanen Kaste, voller Weisheit und vollendet in den Veden, die ein häusliches Leben führten oder der Snataka Klasse angehörten, kamen, um den Kuru König zu sehen. All diese Hochbeseelten wurden durch Yudhishthira bei ihrer Ankunft ordnungsgemäß verehrt. Dann nahmen die großen Rishis ihre Plätze auf kostbaren Teppichen ein. Sie akzeptierten die Verehrung, die dieser Zeit (der Trauer und Unreinheit) angepaßt war und saßen in der standesgemäßen Ordnung um den König. Tausende von Brahmanen offerierten ihren Trost und erfreuten diesen König der Könige, der mit äußerst kummervollem Herzen an den heiligen Ufern der Bhagirathi verweilte. Und nachdem Narada die Rishis mit dem Inselgeborenen als Ersten angesprochen hatte, wandte er sich zur rechten Zeit an Yudhishthira, den Sohn von Dharma.

Narada sprach:
Durch die Kraft deiner Arme und die Gnade von Madhava (Krishna) wurde die ganze Erde gerechterweise von dir gewonnen, oh Yudhishthira. Durch ein gutes Schicksal bist du mit dem Leben aus diesem schrecklichen Kampf entkommen. Nachdem du die Aufgaben eines Kshatriyas erfüllt hast, warum freust du dich jetzt nicht, oh Sohn des Pandu? Solltest du nicht deine Freunde beglücken, nachdem deine Feinde besiegt wurden, oh König? Du hast all diesen Wohlstand gewonnen, hoffentlich quält dich nun kein Kummer mehr?

Und Yudhishthira antwortete:
Wahrlich, die ganze Erde wurde von mir durch mein Vertrauen in die Kraft der Arme von Krishna, durch die Gnade der Brahmanen und durch die Kraft von Bhima und Arjuna bezwungen. Doch dieser schwere Kummer sitzt immer noch in meinem Herzen, daß ich durch Begierde dieses schreckliche Gemetzel unter Verwandten verursacht habe. Vor allem durch den Tod des lieben Sohnes von Subhadra und den Söhnen der Draupadi erscheint mir dieser Sieg, oh Heiliger, im Licht einer Niederlage. Was wird meine Schwägerin Subhadra aus dem Vrishni Stamm zu mir sagen? Was werden die Leute in Dwaraka zum Madhu Vernichter sprechen, wenn er dorthin zurückkehrt? Auch Draupadi tut mir äußerst leid, die ständig bestrebt ist, uns Gutes zu tun, und nun all ihre Söhne und Verwandten verloren hat. Und es gibt noch ein anderes Thema, oh heiliger Narada, über das ich mit dir sprechen möchte. Aufgrund der Verschwiegenheit von Kunti bezüglich einer sehr wichtigen Sache habe ich besonders großen Kummer. Dieser Held (Karna), der die Kraft von zehntausend Elefanten hatte, der in dieser Welt ein konkurrenzloser Wagenkrieger war, der den Stolz und Gang eines Löwen besaß, der mit großer Intelligenz und Mitgefühl begabt war, der Großzügigkeit hatte und viele hohe Gelübde übte, der die Zuflucht der Dhritarashtras war, der seine Ehre aufmerksam bewahrte und unwiderstehliche Heldenkraft besaß, der bereit war, alle Verletzungen zurückzuzahlen, der uns zornvoll im Kampf in wiederholten Begegnungen schlug, der schnell im Waffengebrauch war, jede Kriegskunst kannte, der gelehrt und mit wunderbarer Tapferkeit begabt war - dies war ein Sohn der Kunti, der heimlich von ihr geboren wurde und deshalb ein leiblicher Bruder von uns war. Während wir die Opfergabe des Wassers den Toten darbrachten, sprach Kunti von ihm als einem Sohn von Surya. Mit jeder Tugend begabt, wurde dieses Kind dem Wasser übergeben. Kunti legte ihn in einen Weidenkorb und vertraute das Kind dem Strom der Ganga an. Er, der durch die Welt als ein Suta Sohn und von Radha geboren betrachtet wurde, war in Wirklichkeit der älteste Sohn der Kunti und deshalb unser leiblicher Bruder. Ach, im Begehren nach dem Königreich habe ich diesem Bruder von mir unwissentlich den Tod gebracht. Dies ist es, was meine Glieder verbrennt, wie ein Feuer einen Haufen Baumwolle. Arjuna mit den weißen Rossen kannte ihn nicht als seinen Bruder. Weder ich, Bhima noch die Zwillinge haben ihn als solchen erkannt! Doch er, dieser ausgezeichnete Bogenschütze, wußte um uns (als seine Brüder). Wir haben gehört, daß eines Tages Kunti zu ihm ging, und, um unseren Nutzen zu suchen, ihm offenbarte: „Du bist mein Sohn!“ Dieser berühmte Held weigerte sich jedoch, den Wünschen der Kunti zu folgen. Später erfuhren wird, daß er zu seiner Mutter sprach:
Ich bin nicht fähig, Duryodhana in diesem Kampf zu verlassen. Wenn ich das tue, würde dies eine unehrenhafte, grausame und undankbare Tat sein. Und wenn ich deinen Wünschen folge und Frieden mit Yudhishthira schließe, werden die Leute sagen, daß ich nur Angst vor Arjuna mit den weißen Rossen hatte. Wenn ich jedoch Arjuna zusammen mit Kesava im Kampf besiegt habe, dann werde ich Frieden mit dem Sohn von Dharma schließen.

Dies waren seine Worte, wie es uns berichtet wurde. Und nach dieser Antwort sprach Kunti noch einmal zu ihrem Sohn mit der breiten Brust:
So kämpfe gegen Arjuna, aber schone meine vier anderen Söhne!

Darauf antwortete der intelligente Karna mit gefalteten Händen seiner zitternden Mutter:
Wenn ich deine vier anderen Söhne unter meine Gewalt bekomme, werde ich sie nicht töten. So werden dir, oh Göttin, auch in Zukunft fünf Söhne gehören. Wenn Karna durch Arjuna stirbt, sollst du fünf haben! Und wenn Arjuna fällt, sollst du mit mir ebenfalls fünf haben!

Und bestrebt, ihren Kindern Gutes zu tun, sprach seine Mutter noch einmal zu ihm: „So geh, oh Karna, und tue deinen Brüdern das Gute, das du selbst suchst.“ Nach diesen Worten begab sich Kunti wieder zu ihrer Wohnstätte zurück. Und dieser Held wurde nun durch Arjuna getötet, der leibliche Bruder durch den leiblichen Bruder! Weder Kunti noch er hatten jemals dieses Geheimnis offenbart, oh Herr. Deshalb wurde der Held und große Bogenschütze durch Arjuna im Kampf getötet. Erst hinterher erfuhr ich, oh Bester der Zweifachgeborenen, daß er mein leiblicher Bruder gewesen ist. Wahrlich, erst durch die Worte von Kunti habe ich erfahren, daß Karna unser Ältestgeborene war. Und nachdem ich nun den Tod meines Bruders verursacht habe, brennt mein Herz voller Schmerz. Hätte ich sowohl Karna als auch Arjuna zu meiner Hilfe gehabt, wäre sogar der Sieg über Indra mit all seinen Heerscharen möglich gewesen. Während ich damals in der Mitte der Versammlung von den übelgesinnten Söhnen des Dhritarashtra gefoltert wurde, fand mein plötzlich provozierter Zorn sogleich Abkühlung beim Anblick von Karna. Sogar bei den harten und bitteren Worten von Karna während unseres Würfelspiels, die er sprach, um Duryodhana Gutes zu tun, wurde mein Zorn beim Anblick der Füße von Karna abgekühlt. Denn es schien mir, daß diese Füße von Karna den Füßen unserer Mutter Kunti ähnelten. Um den Grund dieser Ähnlichkeit zwischen ihm und unserer Mutter herauszufinden, habe ich lange nachgedacht. Doch selbst mit all meiner Anstrengung, scheiterte ich, die Ursache dafür zu finden. Warum verschlang die Erde die Räder seines Wagens während des Kampfes? Warum wurde mein Bruder so verflucht? Ach, mögest du mir all das erklären. Dies wünsche ich, oh Heiliger, von dir zu hören! Denn du siehst alles in dieser Welt und kennst sowohl die Vergangenheit als auch die Zukunft.


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