Pushpak Mahabharata Buch 11Zurück WeiterNews

Kapitel 15 - Gandharis Vorwurf und Besänftigung

Vaisampayana sprach:
Als Bhimasena diese Worte von Gandhari hörte, blickte er sie voller Ehrfurcht an und sprach, um sie zu besänftigen:
Ob man diese Tat nun als gerecht oder ungerecht bezeichnet, ich habe sie aus Verzweiflung getan, um die Schlacht zu beenden. Deshalb mögest du mir jetzt vergeben. Dein mächtiger Sohn konnte von niemandem in einem fairen und gerechten Kampf geschlagen werden. Deshalb habe ich getan, was unfair war. Duryodhana selbst hat Yudhishthira früher stets mit unfairen Mitteln bekämpft. Er verhielt sich immer hinterhältig zu uns. Deshalb habe ich zu dieser unfairen Tat Zuflucht genommen. Dein Sohn war der einzige, unbesiegte Krieger auf seiner Seite. Damit dieser tapfere Prinz mich im Keulenkampf nicht schlägt und uns erneut unseres Königreichs beraubt, deshalb handelte ich auf diese Weise. Du weißt, was dein Sohn alles zu Draupadi, der Prinzessin von Panchala, gesprochen hatte, als diese während ihrer Periode in ein einziges Kleid gehüllt war. Ohne Duryodhana zu schlagen, war es für uns unmöglich, diese ganze Erde mit ihren Meeren friedlich zu beherrschen. Aus diesem Grund habe ich auf diese Weise gehandelt. Dein Sohn fügte uns viel Unrecht zu. Inmitten der Versammlung hatte er sogar seinen linken Schenkel vor Draupadi entblößt. Für dieses übelgesinnte Verhalten verdiente es dein Sohn damals schon, durch uns getötet zu werden. Auf Geheiß des gerechten Königs Yudhishthira hielten wir uns jedoch zurück und erduldeten den Vertrag, der damals aufgesetzt wurde. Mit all dem, oh Königin, provozierte dein Sohn eine todbringende Feindschaft zwischen uns. Groß waren unsere Leiden im Wald (wohin wir von deinem Sohn verbannt wurden). Auch in Erinnerung daran handelte ich auf diese Weise. Indem wir Duryodhana im Kampf getötet haben, konnten wir das Ende unserer Feindschaft erreichen. Yudhishthira bekam sein Königreich zurück, und wir wurden vom Zorn befreit.

Nachdem Gandhari diese Worte von Bhima gehört hatte, sprach sie:
Wenn du meinen Sohn auf diese Weise (für seine Überlegenheit im Kampf) lobst, hatte er solch einen Tod nicht verdient. Allerdings tat er alles, was du mir berichtet hast. Aber dennoch: Als Vrishasena die Rosse von Nakula tötete, oh Bharata, da trankst du im Kampf das Blut vom Körper Dushasanas! Solch eine Tat ist grausam und wird von allen Guten getadelt. Dies paßt nur zu einer Person, die höchst unmoralisch ist. Es war eine übelgesinnte Tat, oh Bhima, die du damit vollbracht hast, und völlig unwürdig für dich!

Darauf antwortete Bhima:
Es ist wahrlich unwürdig, das Blut eines Fremden zu trinken. Doch was soll man über das eigene Blut sagen? So ein Bruder ist wie das eigene Selbst. Es gibt keinen Unterschied zwischen ihnen. Deshalb ist das Blut (was ich getrunken haben soll), oh Mutter, nicht über meine Lippen und Zähne geflossen. Der Gott des Todes sei mein Zeuge! Allein meine Hände wurden vom Blut Dushasanas befleckt. Mit dieser Tat habe ich damals die Kauravas, welche angesichts, der durch Vrishasena getöteten Rosse von Nakula, euphorisch jubelten, mit Todesangst geschlagen. Als nach dem Würfelspiel die schwarzgelockte Draupadi ergriffen wurde, da sprach ich bestimmte Worte in meinem Zorn. Diese Worte blieben in meiner Erinnerung, und ich müßte mich in den restlichen Jahren meines Lebens als ein Kshatriya betrachten, der von seinen Aufgaben abgefallen ist, wenn ich diese Gelübde unerfüllt gelassen hätte. Aus diesem Grund, oh Königin, habe ich diese Tat vollbracht. Mögest du mir, oh Gandhari, dafür nicht alle Schuld geben! Du hast deine Söhne in ihrer Jugend nicht gezügelt. Warum möchtest du uns heute die Schuld für etwas geben, woran wir unschuldig sind?

Gandhari sprach:
Unbesiegt von jedem, hast du die hundert Söhne dieses alten Mannes getötet. Oh Kind, warum hast du nicht wenigstens einen Sohn, dessen Schuld vielleicht nicht so groß war, dieses alten Paares verschont, das nun sein Königreich verloren hat? Warum ließest du diesem blinden Ehepaar nicht wenigstens eine Stütze? Oh Kind, obwohl du unversehrt lebst nachdem du alle meine Kinder getötet hast, wäre ich heute ohne Kummer, wenn du nur den Pfad der Gerechtigkeit gegangen wärest.

Vaisampayana fuhr fort:
Nachdem Gandhari diese Worte gesprochen hatte, fragte sie voller Zorn über den Tod all ihrer Söhne und Enkel nach Yudhishthira und sprach „Wo ist der König?“. Daraufhin näherte sich Yudhishthira voller Ehrfurcht und sprach demütig mit gefalteten Händen:
Hier ist Yudhishthira, oh Göttin, dieser grausame Mörder deiner Söhne! Ich verdiene wahrlich deine Flüche, weil ich die Ursache dieses umfassenden Unterganges bin. Oh, verfluche mich! Ich begehre weder dieses Leben noch das Königreich oder irgendwelchen Reichtum. Indem solche Freunde wegen mir getötet wurden, habe ich mich als ein großer Narr und Freundeshasser erwiesen.

Nachdem Yudhishthira in ihrer Anwesenheit so gesprochen hatte und von Furcht ergriffen war, seufzt Gandhari tief und lang, aber schwieg, wohlerfahren in den Regeln der Gerechtigkeit. Doch der zornvolle Blick der Kuru Königin, die mit großer Weitsicht und Wahrhaftigkeit gesegnet war, drang unter den Falten der Stoffbinde hindurch, welche ihre Augen bedeckte, und traf die Zehenspitze von Yudhishthira, als sich der König verneigte, um sich zu ihren Füßen zu legen. Daraufhin bekam der König, dessen Nägel zuvor alle besonders schön waren, einen verbrannten Nagel auf seiner Zehe. Bei diesem Anblick trat Arjuna hinter Vasudeva, und auch die anderen Söhne des Pandu schreckten unruhig zurück. Doch Gandhari, die nun ihren Zorn überwunden hatte, tröstete die Pandavas, wie es eine Mutter tun sollte. Und nachdem sie ihren Segen erhalten hatten, begaben sich die starken Helden gemeinsam zu Kunti, diese weitberühmte Mutter von Helden. Doch Kunti, die ihre Söhne so lange Zeit nicht gesehen hatte, wurde von ihren Gefühlen überwältigt, bedeckte ihr Gesicht mit ihrem Kleid und begann zu weinen. So weinte die Mutter einige Zeit mit ihren Kindern, und dann blickte Kunti auf die vielen Wunden und Narben an ihren Körpern, die von unzähligen Waffen zurückgelassen wurden. Sie umarmte wiederholt jeden ihrer Söhne und streichelte sie liebevoll. Dann weinte sie zusammen mit Draupadi, die alle ihre Kinder verloren hatte und nun vom Kummer überwältigt, auf die bloße Erde gesunken war und mitleiderregend laut klagte.

Und Draupadi sprach:
Oh ehrwürdige Dame, wohin sind alle deine Enkel zusammen mit Abhimanyu gegangen? Dich in dieser Qual sehend, warum erscheinen sie nicht vor dir, um dich zu trösten? Ach, nachdem ich alle meine Kinder verloren habe, was nützt mir jetzt noch dieses Königreich?

Da hob Kunti die weinende und tieftraurige Prinzessin aus Panchala auf und begann, diese Dame mit den großen Augen zu trösten. Schließlich ging Kunti in Begleitung von Draupadi und ihren Söhnen zur nicht weniger kummergequälten Gandhari. Und als Gandhari die Anwesenheit der ruhmreichen Dame mit ihrer Schwiegertochter erkannte, da sprach sie:
Gräme dich nicht so, oh Tochter! Schaue mich an, ich bin ebensosehr vom Kummer geschlagen wie du. Ich denke, diesen umfassenden Untergang hat uns der unwiderstehliche Lauf der Zeit gebracht. Unvermeidlich, wie es war, ist diese schreckliche Schlacht nicht aus dem freien Willen der Menschen entstanden. So ist das geschehen, was Vidura mit der großen Weisheit vorausgesagt hatte, nachdem sogar die Bitte von Krishna nach Frieden unbeachtet blieb. Gräme dich deshalb nicht in dieser unvermeidlichen Sache, besonders, da es nun geschehen ist. Im Kampf gefallene Männer sollten nicht bejammert werden. Ich bin in derselben Lage wie du. Wer sollte uns trösten können? Auch durch meine Schuld wurde diese Erste der Familien zerstört.

Hier endet mit dem 15. Kapitel das Jalapradanika Parva im Stree Parva im gesegneten Mahabharata.


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