Pushpak Mahabharata Buch 11Zurück WeiterNews

Kapitel 14 - Gandharis Zorn

Vaisampayana sprach:
Auf Wunsch von Dhritarashtra begaben sich danach die Pandava Brüder, diese Stiere der Kurus, in Begleitung von Krishna zu seiner Gattin Gandhari. Und als die makellose Gandhari, die vom Kummer über den Tod ihrer hundert Söhne schwer gequält war, den gerechten König Yudhishthira vor sich sah, der alle seine Feinde geschlagen hatte, wollte sie ihn zunächst verfluchen. Doch Vyasa, der Sohn von Satyavati, erkannte ihre üblen Absichten gegen die Pandavas und entschloß sich, diesem Gedanken sogleich entgegenzuwirken. Nachdem er sich im heiligen und frischen Wasser der Ganga gereinigt hatte, kam der große Rishi, der mit seinem Willen in Gedankenschnelle überall hinreisen konnte, zu diesem Ort. So erschien der Weise, der mit seiner geistigen Sicht in jedes Herz schauen konnte, wie er es wünschte. Und voller asketischen Verdienstes und immer bereit, zum Wohle der Wesen zu sprechen, sprach der Rishi zu seiner Schwiegertochter im richtigen Moment:
Neige dich in dieser Situation nicht zur Verurteilung und Fluch! Im Gegenteil, nutze sie, um deine Vergebung zu zeigen. Du solltest den Pandavas nicht böse sein, oh Gandhari. Neige dein Herz zum Frieden und zügle deine Worte, die gerade über deine Lippen stürmen wollen. Höre meinen Rat! Dein Sohn, der nach dem Sieg gierte, hatte dich jeden Tag in der achtzehntägigen Schlacht mit den Worten angefleht: „Oh Mutter, segnet mich, wenn ich mit meinen Feinden kämpfe!“ Als du auf diese Weise täglich von deinem Sohn gebeten wurdest, der nach dem Sieg strebte, gabst du ihm stets die Antwort: „Der Sieg ist dort, wo die Gerechtigkeit ist!“ Oh Gandhari, ich kann mich nicht erinnern, daß irgendwelche Worte, die du gesprochen hast, nicht wahr geworden sind. Auch diese Worte, welche du gebeten von Duryodhana sprachst, können nicht unwahr sein, denn du wünschst stets das Wohl aller Wesen. Nachdem die Söhne des Pandu in diesem schrecklichen Kampf der Kshatriyas die andere Küste erreichten, haben sie zweifellos den Sieg gewonnen durch die größere Gerechtigkeit. Du hast stets die Tugend der Vergebung bewahrt. Warum willst du sie jetzt verwerfen? Verhindere Ungerechtigkeit, oh Kennerin der Gerechtigkeit! Der Sieg ist dort, wo die Gerechtigkeit ist. Erinnere dich an deine Wahrhaftigkeit und deine eigenen Worte, und zügle deinen Zorn, oh Gandhari! Handle nicht auf Abwegen, oh wahrhaft Sprechende!

Diese Worte hörend, antwortete ihm Gandhari:
Oh Heiliger, ich hege keine unheilsamen Gefühle zu den Pandavas, noch wünsche ich ihnen den Untergang. Aufgrund des schweren Kummers über den Tod meiner Söhne ist mein Herz jedoch höchst verwirrt. Ich weiß, daß ich und Dhritarashtra die Pandavas mit soviel Sorge beschützen sollten, wie Kunti selbst sie beschützt. Durch die Schuld von Duryodhana und Shakuni, dem Sohn von Suvala, sowie durch die Taten von Karna und Dushasana wurden die Kurus ausgerottet. Diesbezüglich haftet nicht die geringste Schuld an Arjuna, Bhima, Nakula, Sahadeva oder Yudhishthira selbst. Während sie den Kampf suchten, sind die Kauravas voller Arroganz und Stolz zusammen mit ihren Gefolgsleuten gefallen. Darüber bin ich nicht betrübt. Aber es gab eine Tat von Bhima vor den Augen von Vasudeva (die meinen Zorn erregt). Der hochbeseelte Bhima hatte Duryodhana zu einem schrecklichen Keulenkampf herausgefordert und als er erkannte, daß mein Sohn in den verschiedenen Künsten dieses Kampfes überlegen war, schlug er ihn unter die Gürtellinie. Das ist es, was meinen Zorn erregt. Warum sollten Helden, um ihr Leben zu retten, die gerechten Gebote mißachten, die von den Hochbeseelten, welche alle Aufgaben des Lebens kennen, so bestimmt wurden?


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