Pushpak Mahabharata Buch 1Zurück WeiterNews

Kapitel 138 - Karna tritt auf

Da trat der heldenhafte Karna in seiner natürlichen, goldenen Rüstung ein. Sein Gesicht leuchtete mit den goldenen Ohrringen. Er trug Schwert und Bogen und betrat den weiten Platz wie ein wandelnder Berg. Die Menge machte ihm staunend und mit weit aufgerissenen Augen Platz. Dieser berühmte Zerstörer feindlicher Städte mit den großen Augen war von Kunti in ihrer Jugend heimlich geboren worden und ein Teil der heiß glühenden Sonne. Seine Energie und sein Heldenmut glichen dem eines Löwen, eines Stieres, oder eines wilden Elefanten. Er glich der Sonne an Glanz, dem Mond in Lieblichkeit und dem Feuer in Energie. Vom Sonnengott selbst gezeugt, war er hochgewachsen wie eine goldene Palme und verfügte über die Energie der Jugend, so daß er in der Lage war, einen Löwen zu töten. Seine Gesichtszüge waren schön, und er war fähig. Der mächtige Krieger schaute sich in der Arena um und verbeugte sich unbewegt vor Drona und Kripa. Regungslos und mit starrem Blick dachte die ganze Zuschauermenge: „Wer ist das?“ Die Neugier schließlich erregte die Menge. Da sprach der redegewandte Karna, dieser Sohn der Sonne, zu Arjuna, dem ihm unbekannten Bruder, mit tiefer, donnernder Stimme: „Oh Partha, ich werde vor dieser staunenden Menge Kunststücke vollführen, die deine bei weitem übertreffen. Schau sie dir an und staune ebenfalls.“ Kaum hatte dieser mit schöner Rede Gesegnete geendet, da sprangen die Zuschauer alle zugleich auf. In Duryodhana regte sich Entzücken, während Arjuna sich sofort verlegen ärgerte. Mit Erlaubnis Dronas wiederholte der kampfeslustige Karna alles, was Arjuna zuvor gezeigt hatte. Da umarmte Duryodhana den Karna voller Freude und sprach zu ihm: „Willkommen, du Krieger mit den starken Armen! Durch dich kam ein glückliches Schicksal zu mir, du Held. Das Königreich der Kurus und ich stehen ganz zu deiner Verfügung.“ Karna erwiderte: „Erachte deine Worte, als wären sie bereits vollbracht. Doch ich begehre nur deine Freundschaft. Und, oh Herr, mein Wunsch ist ein Einzelkampf mit Arjuna.“ Da sprach Duryodhana: „Erfreue dich mit mir an den angenehmen Dingen des Lebens. Sei der Wohltäter deiner Freunde, und stelle deinen Fuß auf die Häupter deiner Feinde.“

Vaisampayana sprach:
Arjuna wähnte sich unwürdig behandelt und sprach zu Karna, der mitten unter den Kuru Brüdern wie ein Felsen herausragte: „Der Pfad der unwillkommenen Eindringlinge und ungebetenen Sprecher sei dein, oh Karna, den ich schon besiegt habe.“ Karna erwiderte: „Diese Arena ist für alle offen und nicht nur für dich allein, oh Phalguna. Es gibt Könige von höherer Energie und wahrlich, ein Kshatriya achtet allein die Macht. Wozu mit Worten streiten, ist dies doch eine Übung für Schwache. Oh Bharata, sprich mit deinen Pfeilen, bis ich mit meinen Geschossen vor den Augen deines Lehrers deinen Kopf zum Fallen bringe.“ Schnell wurde da Arjuna von seinen Brüdern umarmt und mit Erlaubnis Dronas machte er sich hastig zum Kampf bereit. Auf der anderen Seite wurde Karna von Duryodhana und seinen Brüdern umarmt. Auch er nahm seinen Bogen auf und stand bereit zum Kampf. Da verdunkelte sich das Firmament mit blitzenden Wolken und Indras Bogen (der Regenbogen) überflutete alles mit seinen leuchtenden Strahlen. Weiße Vakas (Kraniche) segelten vorüber und schienen die Wolken zum Lachen zu bringen. Als der Sonnengott sah, wie Indra die Arena aus Zuneigung für seinen Sohn besuchte, da zerteilte er die Wolken über seinem Sohn. Während Arjuna unter dem Mantel der Wolken tief versteckt blieb, war Karna von den Strahlen der Sonne umgeben allen sichtbar. Die Söhne Dhritarashtras standen bei Karna, und Drona, Kripa und Bhishma blieben bei Arjuna. Die ganze Menge und auch die weiblichen Zuschauer teilten sich. Kunti verstand die Situation voll und ganz und wurde ohnmächtig. Ihre Dienerinnen und der pflichtbewußte Vidura erfrischten die Ohnmächtige mit Wasser und Sandelpulver und belebten sie wieder. Und so sah Kunti ihre beiden gerüsteten Söhne voller Furcht, doch sie konnte nichts tun.

Duryodhana verleiht Karna ein Königreich und sie werden Freunde

Als Kripa die beiden Krieger mit gespannten Bogensehnen sich gegenüber stehen sah, sprach er um die Pflichten und Regeln von Duellen wissend zu Karna: „Dieser Pandava ist der jüngste Sohn von Kunti. Er gehört zum Geschlecht der Kurus. Er wird sich mit dir schlagen. Doch auch du, oh Starkarmiger, mußt uns deine Abstammung und die Namen von Vater und Mutter sagen, und die königliche Linie, deren Zierde du bist. Wenn er all dies vernommen hat, wird Arjuna mit dir kämpfen oder auch nicht. Söhne von Königen duellieren sich niemals mit Männern aus unrühmlichen Familien.“ Da erbleichte Karna schamvoll, und sein Gesicht glich einem verwelkten Lotus, der von den reißenden Strömen der Regenzeit zerrissen wurde.

Und Duryodhana sprach: „Oh Lehrer, wahrlich, die Schriften sprechen von drei Arten von Männern, welche die Königswürde fordern können: Männer mit königlichem Blut, Helden und Heeresführer. Wenn Arjuna nicht bereit ist, mit einem zu kämpfen, der kein König ist, so werde ich Karna als König von Anga einsetzen.“ Sogleich wurde der mächtige Krieger Karna von mantragelehrten Brahmanen auf einem goldenen Thron mit geröstetem Reis, Blumen, Wassergefäßen und viel Gold zum König gesalbt. Der königliche Schirm wurde über sein Haupt gehalten und prächtige Wedel umfächelten das Gesicht des unzweifelhaften Helden mit der würdevollen Miene. Nachdem die Jubelgesänge verstummt waren, sprach Karna zu Duryodhana: „Oh Tiger unter den Monarchen, was soll ich dir geben, was sich mit deinem Geschenk eines Königreiches vergleichen kann? Oh König, ich werde alles tun, worum du mich bittest.“ Und Duryodhana antwortete ihm: „Ich wünsche mir dringend deine Freundschaft.“ Karna sprach: „So sei es.“ Die beiden umarmten sich freudig und waren sehr glücklich.


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